Ein Traum vom Grab – Kafka und das Yidishe

Ein bebil­dertes Hörstück nach der Kurzgeschichte “Ein Traum vom Grab” von Franz Kafka. In dem Hörstück werden verschie­dene Erzählstränge mitein­ander verflochten. Ausgehend von Kafkas Kurzgeschichte von 1920 kommen Grab- und Friedhofskultur zur Sprache, Bögen werden geschlagen zwischen Kafkas Prag und dem schwä­bi­schen Buttenhausen, zwischen der bei Kafka zum Ausdruck kommenden Bezogenheit auf die deut­sche Sprache und seiner Geringschätzung des Yidishen, die er in einem kleinen Vortrag ausformulierte.

Obwohl Kafkas Familie aus der yidish-spra­chigen dörf­li­chen Kultur Tschechiens stammte, bevor sie nach Prag zog und er yidish-spra­chige Freunde hatte wie den aus Warschau stam­menden Schauspieler und Rezitator Yitskhak Löwy, scheint bei ihm eine abfäl­lige Haltung gegen­über dem Yidishen durch. Hierin erin­nert er an die Ablehnung des “Juden-tajtsch”, wie die yidishe Sprache in Deutschland enannt wurde, durch jüdi­sche Reformer wie Moses Mendelssohn, der in ihr eine Hürde für die Integration der jüdi­schen Deutschen in Staat und Gesellschaft sah.

Idee und Screenplay: Michael Fetscher
Skript: Albert Kunze
SprecherInnen: Barbara Stoll, Robert Atzlinger und Daniel Kahn
Klaviermusik: Vladimir Romanov
Zeichnungen und Bilder: Christoph Menschel
Fotos und Videos Prag: Franck Alasseur
Produktion: Michael Fetscher und Albert Kunze

Kantor Nathan Goldman – Psalm 16
der aus groß­bri­tan­nien stam­mende nathan goldman ist kantor der israe­li­ti­schen reli­gi­ons­ge­mein­schaft würt­tem­berg (irgw) in stutt­gart nach kanto­ren­tä­tig­keiten in israel und den usa. für das hörstück “ein traum vom grab – kafka und das yidishe” kam er nach butten­hausen auf den jüdi­schen friedhof.

faszi­niert von den zeug­nissen des dorf­ju­den­tums in der schwä­bi­schen provinz trug nathan goldman dort den psalm 16 in hebräi­scher sprache vor und kam anschlie­ßend für weitere aufnahmen ins nahe gele­gene tonstudio whitefir. im studio wurde er am flügel begleitet von vladimir romanov.

den psalm 16 hatte er als einen seiner lieb­lings­psalme selber ausgewählt.

Ein Michtam* von David.

1. Wache über mich, denn Gott, ich habe mein Vertrauen in Dich gesetzt.
2. Ich sage zum Ewigen: „Du bist mein Herr; ohne Dich gibt es nichts Gutes für mich.“
3. Die Heiligen, die auf der Erde sind, und die Mächtigen, ihnen gilt mein Gefallen.
4. Viel seien die Schmerzen jener, die anderen [Göttern] hinter­her­hasten; ich biete nicht ihre Gussopfer von Blut dar, noch kommen ihre Namen über meine Lippen.
5. Der Ewige ist mein Anteil und mein Becher; Du leitest meine Geschicke.
6. Mir fielen die Lose in eine anmu­tige Gegend, ja, mir gefällt mein Erbe.
7. Ich segne den Ewigen, der mich beraten hat; auch in den Nächten mahnen mich meine Nieren.
8. Ich setze den Ewigen stets vor mich; da Er zu meiner Rechten ist, wanke ich nicht.
9. Darum freut sich mein Herz und froh­lockt meine Seele, und auch mein Fleisch ruht sicher.
10. Denn Du entlässt meine Seele nicht in die Unterwelt, Deinen Frommen lässt Du nicht die Grube schauen.
11. Den Weg des Lebens wirst Du mir bekannt machen, die Fülle der Freuden in Deinem Angesicht, die Annehmlichkeiten Deiner Rechten, für immer.

* einer von sechs psalmen, die david zuge­ordnet werden. für das wort “michtam” ließ sich keine genaue über­set­zung finden.

aus der hebräi­schen torah ins deut­sche über­setzt von miriam magall, m.a.